Projekt EPSB
Moderne kommunale Kläranlagen bestehen u. a. aus einem Belebtschlammverfahren zur Entfernung von Kohlenstoffverbindungen (BSB, CSB), Ammonium und Nitrat. Hierzu wird Sauerstoff/Luft eingetragen. Häufig schließt sich eine anaerobe Schlammfaulung an, bei der ein Teil der organischen Fracht des Belebtschlamms in Biogas (ca. 50 – 60 % Methan) umgewandelt wird. Im Bereich der Kläranlage wird (elektrische) Energie verbraucht, im Bereich der Faulung wird (chemische) Energie zugänglich gemacht.
Um unterschiedlichen Zulauffrachten und verschiedenen Lastfällen gerecht zu werden, sind viele Klär-/Biogasanlagen überdimensioniert bzw. werden so gesteuert, dass die üblichen Schwankungen im Zulauf abgefangen werden können. Die sichere Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Ablaufwerte hat hierbei in der Regel oberste Priorität. Eine Steuerung und Regelung in Echtzeit, welche auf variierende stoffliche oder hydraulische Belastungen reagieren könnte, wird nicht durchgeführt, u. a. weil das biologische System verhältnismäßig träge reagiert. Alle Einstellungen für den Klärwerksbetrieb werden häufig konstant gehalten. Ein Optimum in der Energiebilanz wird nicht angesteuert.
Durch die Einführung einer lastabhängigen Kopplung mit der Biogaserzeugung kann eine Prozessoptimierung des Gesamtsystems bei schwankendem Zulauf erreicht werden. Ziel des beantragten Vorhabens ist es, anhand einer modellgestützten Prozessführung für kleine und mittelgroße Kläranlagen in Echtzeit die relevanten Abwasserparameter messtechnisch zu erfassen. Diese sollen dann in eine parallele Simulation eingespeist werden. Vor dem Hintergrund zu erwartender Belastungen (z. B. typische Tagesganglinien, gemessene Niederschlagsereignisse, etc.) werden im Weiteren die entsprechenden Regelparameter (Rezirkulationsrate, Belüftungsleistung etc.) ermittelt und ebenfalls in Echtzeit umgesetzt. Hierbei sollen die Ablaufwerte auf ein mögliches Minimum reduziert werden. Durch die Implementierung von Energieblöcken in die Simulation soll zudem der Betrieb der Kläranlage auf einem energetischen Bedarfsminimum erfolgen. Im Weiteren wird angestrebt, den Abwasserreinigungsprozess in der Art zu steuern, dass bei der folgenden anaeroben Schlammstabilisierung ein möglichst maximaler Faulgasertrag erzielt wird. Die technischen und rechtlichen Möglichkeiten zur Co-Fermentation werden hierbei berücksichtigt.
In der bisherigen Projektphase wurden die in Echtzeit zu erhebenden Abwasserparameter identifiziert. Zudem kam der Kopplung der verwendeten ASM- und ADM-Modelle (Belebtschlamm und Faulung) eine besondere Rolle zu, um den gesamten Abwasserreinigungsprozess einschließlich der Faulung auf ein energetisches Minimum steuern zu können. Die korrekte Validierung der Leistungskennlinien von relevanten Verbrauchern (Zulauf- und Rezirkulationspumpen, Belüftung, etc.) hat hierbei besondere Bedeutung. Das System soll nicht nur den Anforderungen an eine Abwasserreinigung im üblichen Lastbereich genügen, sondern auch mögliche Störfallszenarien berücksichtigen.