Labor für Energiematerialien
Das im Jahr 1982 fertiggestellte Solarhaus der TH Lübeck stand in seiner Erbauungszeit in einer Reihe mit einigen wenigen Solarhaus-Projekten in Deutschland und zeigte Lösungsansätze für komfortables Wohnen ohne Abhängigkeit von fossilen Energien auf.
Durch die Erweiterung dieses Reallabors um das Kompetenzfeld von Frau Prof. Buczek erschließt das Solarhaus nun auch die Forschung im Bereich neuartiger Solarzellen und Thermoelektrika, insbesondere die Anwendungen von Nanostrukturen sowie von organischen Materialien. Dazu wird sukzessive ein modernes photovoltaisches Präparations- und Messlabor aufgebaut. Das Solarhaus verfügt über ein Präparationslabor zur Herstellung von Farbstoffsolarzellen, über ein photovoltaisches Messlabor und begleitend dazu über ein meteorologisches Messsystem sowie über ein thermoelektrisches Messlabor. Weiterhin beherbergt das Solarhaus Versuche zum Experimentalphysikpraktikum sowie Experimente zum Thema regenerative Energien und Solartechnik.
• Meteorologisches Messsystem
Das Labor für Energiematerialien im Solarhaus der THL beschäftigt sich mit grundsätzlichen sowie aktuellen Fragestellungen der Photovoltaik. Die Erforschung und Entwicklung neuartiger Materialien und deren Einsatz in Solarzellen-Prototypen stehen dabei im Vordergrund. Hochwertige solare Strahlungsmessungen stellen für die Erforschung und Entwicklung der technischen Nutzbarkeit der lokal verfügbaren Solarstrahlung eine wesentliche Grundlage dar.
Seit 1985 wird im Solarhaus die Solarstrahlung messtechnisch erfasst. Mit diesen Daten kann der voraussichtliche Energieertrag von Solaranlagen im norddeutschen Ostseeraum ermittelt werden. Das Messsystem wurde 1993 erstmalig grundlegend überarbeitet.
Im Dauerbetrieb stellte sich jedoch heraus, dass die Verfügbarkeit der PC-gestützten Messwerterfassung nur bei ca. 90% lag. Deshalb wurde das System 1997 durch einen leistungsfähigeren Aufbau ersetzt und erweitert. Mittlerweile besteht für das System eine Verfügbarkeit von 99%.
Die Abbildung zeigt die Anordnung der Sensoren am Solarhaus der Technischen Hochschule. Die Multipyranometer messen die Globalstrahlung. Zwei Sensoreinheiten stellen Messwerte der direkt eintreffenden Sonnenstrahlung zur Verfügung. Der Windvektor wird mit einem kombinierten Windgeber gemessen.
Durch Einsatz hochwertiger Feldbusmodule geht nur der Sensorfehler in den Gesamtfehler der Messung ein. Diese sog. „Intelligenten Solarmodule‘‘ digitalisieren die analogen Messsignale und stellen sie auf dem RS-485 Feldbus zur Verfügung. Als Kommunikationsprotokoll dient PROFIBUS.
Mit Hilfe des Messprogramms WINMETEO werden die Messwerte im Sekundentakt abgefragt. Alle 300 Sekunden (5 Min.) wird ein Mittelwert, aber auch ein Minimal- und Maximalwert, für jeden Messkanal errechnet und in einer ASCII-Textdatei abgespeichert. Die so gesicherten Rohdaten durchlaufen ein Prüfprogramm und können durch Mittelwertbildung weiter im Umfang reduziert werden. Für Berechnungen sind Stunden- oder Tageswerte eines Messkanals häufig ausreichend. Die Tabelle zeigt eine Übersicht der zurzeit verfügbaren Messkanäle.
Messkanal | Bedeutung | Einheit | Messbereich | Maximalfehler |
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Gn00 | Solarstrahlung Horizontal | W⁄m2 | 0…1200 | 11,3 |
Gn30 | Solarstrahlung 30 °-Süd | W⁄m2 | 0…1200 | 11,6 |
Gn60 | Solarstrahlung 60°-Süd | W⁄m2 | 0…1200 | 11,6 |
Gn90 | Solarstrahlung 90°-Süd | W⁄m2 | 0…1200 | 11,6 |
Gdir | Direkte Sonnenstrahlung | W⁄m2 | 0…1000 | 50 |
Tauss | Außentemperatur | °C | -20…40 | 0,2 |
Vw | Windgeschwindigkeit | m/s | 0,5…35 | 0,5 |
Rw | Windrichtung | ° | 0…360 | 1 |
Frel | Relative Luftfeuchtigkeit | % | 0…100 | 1 |
Pluft | Luftdruck | hpa | 800…1200 | 2 |
Die Wetterstation des Solarhauses dient zur lokalen Erfassung der Wetterdaten (Temperatur, Luftdruck, Feuchte, Windrichtung und -geschwindigkeit).
Die Messwerte der Wetterstation können unter https://wetter.th-luebeck.de/ abgerufen werden.
• Photovoltaisches Labor
Das Labor für Photovoltaik ist ein Forschungslabor im Bereich der Messtechnik und Präparation von Solarzellen, das auch für die Lehre im Rahmen von Qualifikationsarbeiten genutzt wird.
Folgende Geräte und Messvorrichtungen stehen zur Verfügung:
o Indoor-Sonnensimulator ist ein Messstand für
(i) die elektrische Zellcharakterisierung bei variabler Bestrahlungsstärke und Temperatur und
(ii) zur Aufzeichnung der spektralen Antwort (spektralen Empfindlichkeit bzw. externe Quanteneffizienz, EQE) von PV-Zellen bei winkelveränderlicher Bestrahlung.
Mit dem Sonnensimulator können die Auswirkungen der Sonneneinstrahlung auf die Effizienz der Solarzellen unter kontinuierlichen, tages- und jahreszeitlich unabhängigen Laborbedingungen reproduzierbar untersucht werden.
o Außenmessstand zur Aufnahme von photovoltaischen Kenngrößen unter Realbedingungen
Ergänzend zu den wetterunabhängigen Experimenten im Photovoltaik-Labor werden auch die Außenanlagen des Solarhaues für photovoltaische Experimente genutzt. Neben den Klimadaten wie Temperatur, Windgeschwindigkeit, relative Luftfeuchte, Luftdruck, direkte und globale Solarstrahlung, die mit dem installierten Meteo-System des Solarhauses gewonnen werden, werden Solarzellen auch unter Realbedingungen hinsichtlich Leistung, Wirkungsgrad in Abhängigkeit vom Einfallswinkel, der Strahlungsintensität, der Zelltemperatur und der spektralen Zusammensetzung des Sonnenlichtes vermessen.
o Klimakammern in Kooperation mit der Material- und Prüfanstalt Schleswig-Holstein
Zur Untersuchung von Degradationsmechanismen der Solarzellen werden Klimakammern des Material- und Prüfanstalt Schleswig-Holstein verwendet. Bei unterschiedlichen Umweltklimaten können die Prototypen u.a. hinsichtlich ihrer Durchlässigkeit gegenüber Wasserdampf und ihrer Temperaturbeständigkeit untersucht werden.
o Photovoltaisches Präparationslabor
Derzeit wird im Rahmen von studentischen Qualifikationsarbeiten ein automatisierter Präparationsstand zur reproduzierbaren Fertigung von Farbstoffsolarzellen entwickelt.
o Software
Die Simulationsprogramme T*Sol und PV*Sol der Firma Valentin dienen zur Berechnung solarthermischer Anlagen und photovoltaischer Anlagen. Diese stellen eine Auswahl grundlegender Anlagenkonfigurationen zur Verfügung, die durch die Veränderung von einzelnen Parametern wie z.B. Kollektortyp, Kollektorfläche, Speichervolumen, Regeleinstellungen an die erforderlichen Bedarfe und jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden können. Somit ermöglichen diese Softwarepakete eine gezielte Auslegung und Optimierung von photovoltaischen bzw. solarthermischen Anlagen. Final können Aussagen zu den Energieflüssen und Temperaturen im System sowie der Wirtschaftlichkeit getroffen werden.
• Thermoelektrisches Labor
o Messplatz zur Bestimmung des Seebeck-Koeffizienten, der elektrischen und der thermischen Leitfähigkeit von Dünnschicht-Thermoelektrika
Diese Messanordnung dient der simultanen temperaturabhängigen Messung von thermoelektrischen Kenngrößen wie dem Seebeck-Koeffizienten, der elektrischen und thermischen Leitfähigkeit mit dem Ziel die thermoelektrische Gütezahl von thermoelektrischen Materialien zu bestimmen.
o Messplatz zur Bestimmung der thermischen Leitfähigkeit (3Ω-Methode)
o Simulation thermoelektrischer Module, um Prototypen optimal auszulegen und experimentell zu validieren (z.B. optimale Geometrie der Komponenten)
o quantenmechanische Berechnungen von thermoelektrischen Eigenschaften, basierend auf der Dichtefunktionaltheorie