Das sieht ja richtig nach Arbeit aus
, sagt die Direktorin des Museums für Arbeit in Hamburg, Prof. Dr. Rita Müller. Müller begrüßt die 17 Studierenden aus den Studiengängen Nachhaltige Gebäudetechnik und Architektur der Technischen Hochschule Lübeck, die am 16. Januar 2025 ihre Semesterarbeiten im Museum präsentierten. Sie zeigen hier beispielhaft, wie der intellektuelle Austausch zwischen Deutschland und Frankreich ganz praktisch umgesetzt wird
, ergänzt Claire Cadart vom Institut français Hamburg, die der Einladung von Prof. Heiner Lippe und Reinhold Wuttke zur Präsentation der Studierenden gefolgt ist.
Internationale Kooperation im Bauwesen
Schon seit vier Jahren kooperieren Heiner Lippe und Reinhold Wuttke (Fachbereich Bauwesen) mit der französischen Architektur- und Ingenieurhochschule Institut national des sciences appliquées de Strasbourg (INSA). Im Wintersemester 2023/2024 stellten Lippe und Wuttke den deutschen und französischen Studierenden die Semesteraufgabe am Beispiel der Hamburger Speicherstadt das Planen im Bestand, Denkmalschutz und Nachhaltigkeit zusammenzubringen.
Forschen und Wohnen unter einem Dach
Im Wintersemester 2024/2025 stellte die französische Seite eine Semesteraufgabe, die auch praktisch umgesetzt werden soll: bis 2029 sollen die beiden Straßburger Forschungseinheiten Institut des Neurosciences Cellulaires et Intégratives (INCI) und Laboratoire de Neurosciences Cognitives et Adaptives (LNCA) fusionieren. Das Ziel: ein großes Forschungszentrum für Neurowissenschaften soll entstehen und dafür die beiden Standorte zusammengelegt werden. Innerhalb von zehn Jahren (Perspektive 2034) werden die Forschungsaktivitäten und Mitarbeitenden in einem Gebäude auf dem Campus Esplanade zusammengeführt. Dafür soll das bestehende INCI-Gebäude angepasst und erweitert werden.
Die Studierenden im Master Architektur erarbeiteten im Modul Nachhaltiges Planen und Bauen Konzepte dafür, wie die Aktivitäten und Mitarbeitenden bei laufendem Forschungsbetrieb fusionieren können. Die Studierenden im Bachelor Nachhaltige Gebäudetechnik und Architektur bearbeiteten im Modul Baugestaltungeinen anderen Gebäudeteil und entwickelten Ideen, wie auf dem Dach des INCI studentischer Wohnraum entstehen kann. Die Entwürfe präsentierten sie sich gegenseitig am 16. Januar 2025 sowie der Leitung der französischen Seite. Sie werden ebenso wie die Ergebnisse der französischen Studierenden als Anregungen an den französischen Bauherren weitergegeben, der die Planungen vornimmt.
Begrünte Energie
Die Studierenden im Master Architektur standen vor einer herausfordernden Aufgabe. Die Forschungsinstitutionen haben die Anforderung geäußert, dass der Forschungsbetrieb in der Um- und Neubauphase aufrechterhalten bleiben soll. Alle Studierendenteams legten besonderes Augenmerk auf Nachhaltigkeit. Dazu gehört auch die Produktion von Energie über PV-Anlagen. So stellte der Student Paul Tschense beispielsweise fest, dass die derzeitigen Stromkosten im INCI Gebäude sehr hoch sind. Daraufhin entwickelte er die Idee, Photovoltaik im Bestandsgebäude direkt in die Fassade als Verschattungselemente zu integrieren.
Ein weiterer Vorschlag stammt von Violina Dalbokova und Naghmeh Amidzadeh. Sie planen sowohl auf dem Bestandsgebäude als auch auf dem Anbau Photovoltaikanlagen in Kombination mit einer Dachbegrünung aufzubringen. Prof. Lippe sagt dazu: Das ist ungewöhnlich, aber eine sehr gute Idee, da die Begrünung die Umgebung der PV-Elemente herunterkühlen kann und dafür für eine höhere Effizienz der Module sorgt.
Die Studierenden haben außerdem die produzierte CO2 Emissionen in Kombination mit dem Global Warming Potential (GWP) ermittelt. Am Beispiel von Paul Tschenses Entwurf zeigt sich eine klare Einsparung: Während Abriss und Neubau 46,755 Tonnen CO₂e verursachen würden, liegen die Emissionen bei Sanierung und Erweiterung bei lediglich 20,549 Tonnen CO₂e – eine Reduktion um 56 %.
Eine kleine Stadt über Straßburg
Die Aufgabe im Modul Baugestaltung: Im fünften Obergeschoss und dem Dachgeschoss des INCI Gebäudes sollen 32 Ein-Zimmer-Appartments mit eigenem Badezimmer entstehen. Die Nachhaltige Gebäudetechnik und Architektur Studierenden entwarfen außerdem Gemeinschaftsbereiche und räumten Platz für Freizeitangebote ein. Die Ideen reichen von Gewächshäusern über zwei Etagen, Badmintonfeldern und Spielplätzen auf dem Dach, über Volleyballfelder, bis hin zu Bars sowie Sporträumen und Saunen, die für Lebensqualität sorgen. Was die Studierenden hier in nur einem Monat Bearbeitungszeit geschafft haben ist wirklich beeindruckend
, sagt Reinhold Wuttke.