Ein Stecker, der die Norm erfüllt: Frini Luise Leufer gewinnt Possehl-Ingenieurpreis 2024

Schlaue Gedanken, gute Ideen, praxisnah umgesetzt: Fünf Studierende waren nominiert, drei Preise wurden vergeben. Bei der Vergabe des Possehl-Ingenieurpreises 2024 am 07. November im Bauforum der Technischen Hochschule Lübeck wurden die besten Abschlussarbeiten präsentiert.

Nominierte halten Urkunde und posieren für Kamera

Nominierte alle (von links): Jessica Herrmann, Paul Christian Sager, Marvin Feddersen, Frini Luise Leufer, Franziska Sophia Waide. Foto: Agentur 54°/John Garve

Drei Personen mit Urkunden in der Hand posieren für Kamera

Preisträger (von links): Marvin Feddersen, Frini Luise Leufer, Franziska Sophia Waide. Foto: Agentur 54°/John Garve

Zwei Männer spielen Gitarre und Kontrabass

Für die musikalische Umrahmung sorgten David Grabowski (Gitarre) und Florian Galow (Kontrabass). Foto: Agentur 54°/John Garve

Sitzende Teilnehmende blicken zum vorne stehenden Präsentator

Der Vorsitzende der Possehl-Stiftung, Max Schön, begrüßte die zahlreichen Gäste bei bei der Preisverleihung des Possehl-Ingenieurpreises 2024 im Bauforum der TH Lübeck. Foto: Agentur 54°/John Garve

Frau steht vorne am Rednerpult

Die Präsidentin der TH Lübeck, Muriel Helbig, betonte die optimistischen Signale, die von der Preisverleihung ausgehen. Foto: Agentur 54°/John Garve

Studentin hält Urkunde während zwei Personen applaudieren

Freude bei Betreuer und Gewinnerin: Prof. Dr. Nils Kohlhase applaudiert „seiner“ Studentin Frini Luise Leufer für ihre hervorragende Bachelorarbeit. Foto: Agentur 54°/John Garve

Zirka 20 Personen posieren für die Kamera teilweise mit Urkunde in der Hand

Die nominierten und Preisträger*innen. Foto: Agentur 54°/John Garve

Mit dem ersten Preis wurde Frini Luise Leufer für ihre Bachelorarbeit „Entwicklung eines Steckverbinders für die Übertragung digitaler Signale in der Medizintechnik“ ausgezeichnet. Tatsächlich gibt es aktuell keine Steckertechnologie für die Übertragung digitaler Signale, die die Norm für medizinisch-elektrische Geräte ICE 60601-1 (u.a. Desinfizierbarkeit, Handhabbarkeit mit einer Hand, elektrische Sicherheit, Gebrauchstauglichkeit) vollumfänglich erfüllt. Vergleichbare Steckverbindungen für die Medizintechnik sind aktuell nicht verfügbar, alle derzeit verwendeten Steckverbindungen arbeiten mit Ausnahmegenehmigungen. Das könnte nun anders werden: In ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Maschinenbau, die sie bei der Drägerwerk AG schreibt und durch Prof. Dr. Nils Kohlhase betreut wird, entwickelte Frini Luise Leufer zwei funktionsfähige Prototypen: Einen wiederverwendbaren Steckverbinder und ein Einmalprodukt.

Der Possehl-Preis ist mit 5.000 € dotiert. Außerdem werden ein zweiter Preis in Höhe von 3.000 € sowie ein dritter Preis in Höhe von 2.000 € vergeben. Neben der schriftlichen Arbeit und fließt auch eine fünfminütige Kurzpräsentation in die Bewertung ein. „Die Absolventinnen und Absolventinnen haben einem fachfremden Publikum auf sehr interessante und anschauliche Weise ihre komplexen wissenschaftlichen Themen vermittelt, das hat viel Freude gemacht!“, sagte Max Schön, Vorsitzender der Possehl-Stiftung. „Wir möchten auch alle anderen jungen Menschen ermutigen, eine Ausbildung zu finden, die zu ihnen passt und sie beflügelt. 

Gleichzeitig halten wir es auch für wichtig, sich über den Beruf hinaus zu engagieren und einzumischen, denn mutige und selbstwirksame junge Leute brauchen wir für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft heute mehr denn je.“

Smartphone für die Augenuntersuchung nutzen

Mit dem zweiten Peis wurde die Bachelorarbeit „Autofokus Smartphone-basierte, nicht-mydriatische Funduskamera ohne Infrarotbeleuchtung“ von Marvin Feddersen ausgezeichnet. Die Arbeit wurde im Rahmen des Studienganges Biomedizintechnik in den Laboren für medizinische Optik bei Professor Dr. Mathias Beyerlein durchgeführt. Die Vision: Eine günstige und unkomplizierte Früherkennung von Augenerkrankungen mithilfe des Smartphones zu ermöglichen. Feddersen entwickelte eine smartphone-basierte Funduskamera, die leicht zu bedienen ist und ohne die Verwendung von Mydriatika (Pupillenerweiterungsmitteln) auskommt. Diese neue Technik erlaubt unkompliziert Bildaufnahmen mit einem handelsüblichen Smartphone und ist somit zukünftig auch für die Nachsorge zu Hause oder für Screenings komplett ohne Fachpersonal in medizinisch unterversorgten Gebieten interessant.

Welche Oberflächen geben Keimen wenig Halt?

Der dritte Preis wurde an Franziska Sophia Waide für ihre Arbeit „Optimierung einer Methode der reproduzierbaren quantitativen Übertragung von Bakterien zur Identifizierung antimikrobieller Oberflächen und Testung der Kontaminierbarkeit ausgewählter Oberflächen“ vergeben. Die Bachelorarbeit wurde im Rahmen des Studienganges Angewandte Chemie angefertigt, Betreuer waren Prof. Dr. rer. nat. Dagmar Willkomm von der TH Lübeck und Dipl. Ing. Hendryk Schnaars von der Drägerwerk AH & Co.KGaA. Die Übertragung von Infektionserregern über kontaminierte Oberflächen trägt besonders im Krankenhaus maßgeblich zur Infektionsübertragung bei. Bis zu 20.000 Todesfälle gehen jährlich in Deutschland auf das Konto von Krankenhauskeimen. Aber wie kann man testen, welche Materialien die Infektionsgefahr verringern? In ihrer Bachelorarbeit hat Franziska Waide eine neuartige Transfermethode überarbeitet, die die Übertragung von Bakterien auf Oberflächen testet. Damit wird es nun besser möglich, zukünftig antiadhäsive Oberflächen medizinischer Geräte auszuwählen, damit die Kontaktübertragung von Bakterien im Krankenhaus möglichst geringgehalten wird. 

Publikum war begeistert von der anwendungsorientierten Forschung

Alle fünf Studierenden begeisterten das Publikum an diesem Abend mit Einblicken in die anwendungsorientierte Forschung. „Was haben wir heute Abend alles gelernt!“, schwärmte der Vorsitzende der Jury, Prof. Dr. Manfred Rößle. „Elektrische Steckverbindungen sind viel mehr als nur zwei Plastikdinge, die zusammengeschoben werden. Mit einem Smartphone können nicht nur Selfies gemacht werden, sondern lässt sich auch ganz tief in die Augen schauen. Zuhören und Verstehen können in den Augen abgelesen werden. Smarte Faserverbundmaterialien machen das Leben leichter. Und so fies Krankenhauskeime auch sind - wir finden sie!“ 

Muriel Helbig, Präsidentin der TH Lübeck, fasste die Stimmung des Abends zusammen: „Momentan herrscht so viel politischer Umbruch, so viel Unsicherheit und Sorge – aber heute erlebten wir einen optimistischen Abend. Einen Abend, an dem wir junge Akademiker*innen und ihre Arbeiten kennenlernten und die uns zeigten, wie hier vor Ort, ganz konkret, schlaue Gedanken entstehen und an guten Ideen gearbeitet wird. Vorwärtsgewandt und praxisnah.“

Außerdem nominiert für den Possehl-Ingenieurpreis 2024 waren:

Jessica Herrmann, Studiengang Hörakustik und Audiologische Technik: Influence of noisereduction in hearing aids on listening effort investigated using pupillometry in comparison to speech intelligibility“ (Masterarbeit), in Zusammenarbeit mit der Firma Oticon A/S in Smørum, Dänemark, nominiert durch Prof. Dr. rer. nat Dipl Phys. Tim Jürgens.

Paul Christian Sager, Studiengang Mechanical Engineering: Development and optimization of a ply and path generation solution for manufacturing small 3D lightweight components using automated fiber placement“, Masterarbeit in Zusammenarbeit mit der Firma Composite Technology Center GmbH (CTC GmbH), nominiert durch Prof. Dr. rer. nat. Ahmad Zeinolebadi.

Hintergrund: Über den Possehl-Ingenieurpreis

Seit 1983 zeichnet der Possehl-Ingenieurpreis einmal jährlich herausragende Arbeiten von Absolvent*innen der Technischen Hochschule Lübeck aus. Seit der ersten Preisverleihung wurden über 100 Preise vergeben. Der Possehl-Ingenieurpreis veranschaulicht die ganze Vielfalt der Lehre an der Technischen Hochschule Lübeck mit ihren Fachbereichen Elektrotechnik und Informatik, Angewandte Naturwissenschaften, Bauwesen sowie Maschinenbau und Wirtschaft.