Schleswig-Holstein setzt auf digitale Hochschulzeugnisse: Pilotprojekt an der Technischen Hochschule Lübeck

Expert*innen des Instituts für Interaktive Systeme (ISy) der Technischen Hochschule Lübeck haben in Zusammenarbeit mit der HIS Hochschul-Informations-System eG (HIS eG) ein System für digitale Zeugnisse entwickelt. Es ermöglicht den Hochschulen digitale, verifizierbare und maschinenlesbare Bachelor- und Masterzeugnisse auszustellen und zeigt den vollständigen Weg der Erzeugung digitaler Hochschulzeugnisse bis zu deren Verwendung auf.

AI Bild: Beschriebenes Papier liegt auf Tisch und im Hintergrund ein heller Ring mit diversen Kästchen

Das Projekt entwickelte ein System, das die Erstellung und Verwendung von digitalen Hochschulzeugnissen ermöglicht. Grafik: erstellt mit Adobe Firefly.

Professor spricht und guckt direkt in die Kamera

Andreas Wittke entwickelte das System am Institut für Interaktive Systeme. Foto: Regina Sablotny

Das Problem: Traditionelle Hochschulzeugnisse in einer digitalen Welt

Bisher waren Hochschulzeugnisse physische Dokumente, die auf Papier gedruckt und von Hand unterschrieben wurden. Diese traditionellen Zeugnisse sind nicht nur anfällig für Fälschungen, sondern auch schwer in digitale Prozesse zu integrieren. „Unser Projekt hilft mit digitalen Signaturen und Verschlüsselungstechniken dabei, Bildungsabschlüsse zu validieren und anzuerkennen“, sagt Andreas Wittke, Chief AI Officer am Institut für Interaktive Systeme der TH Lübeck.

Die Ziele des Projekts: Echtheit, Standardisierung und Smartness 

Die Expert*innen von TH Lübeck und der HIS eG verfolgten im Projekt drei Ziele. Erstens sollten digitale Zeugnisse fälschungssicher und flexibel sein. Zweitens ist eine einheitliche Standardisierung entscheidend, um die Zeugnisse vergleichbar und maschinenlesbar zu machen. Das ist insbesondere für zukünftige Anrechnungsverfahren essenziell. Drittens sollten die Zeugnisse mobil und zwischen verschiedenen Systemen wie Campus-Management-Software, digitalen Wallets und dem Europass nahtlos übertragbar sein. Der Europass ist ein Instrument, das die Mobilität und Transparenz von Bildungs- und Qualifikationsnachweisen innerhalb Europas fördert und von der Europäischen Union eingeführt wurde. 

Praktische Umsetzung mit „Mein Bildungsraum”, „Europass“ und „HISinOne“

Anfangs gab es nur zwei zentrale Stellen, die standardisierte digitale Zeugnisse verarbeiten konnten: das deutsche „Mein Bildungsraum“-Projekt (eine Plattform zur Speicherung und Verwaltung von digitalen Nachweisen) und die europäische Lösung „Europass“. Für „Mein Bildungsraum“-Wallet wurde im System HISinOne eine Funktion entwickelt, mit der ein PDF-Dokument mit einem maschinenlesbaren XML-Anhang im xHochschule-Format erstellt und sicher übertragen werden kann.

Parallel dazu wurde eine Schnittstelle zur Europass-Wallet entwickelt, die auf einem moderneren, strukturierten Datenformat (JSON-LD) basiert. Dieses Format bietet langfristig mehr Flexibilität und ermöglicht eine bessere Darstellung der Zeugnisse in den Zielsystemen, auch wenn es zunächst weniger benutzerfreundlich erscheint.

Ein erster Schritt in die Zukunft digitaler Zeugnisse

„Die Umsetzung war technisch sehr anspruchsvoll und komplex, da sich die technischen Standards und wichtige Schnittstellen während der Projektlaufzeit geändert haben. Die Arbeit hat sich aus meiner Sicht mehr als gelohnt. Wir konnten die Projektergebnisse zum Teil direkt im Produktivbetrieb mit der HIS eG implementieren“, sagt Andreas Wittke. „So können seit kurzem alle Hochschulen die HISinOne nutzen, dank unserer Projektergebnisse, Siegel und Signaturen installieren und valide und sichere digitale Bachelor/Master Zeugnisse ausstellen. HISinOne ist ein umfassendes Campusmanagement-System, das an Hochschulen zur Verwaltung von Prozessen rund um den Studierendenlebenszyklus eingesetzt wird. 

Ausblick: Der Weg zur flächendeckenden Umsetzung

„Zeugnisse sind in unserer Vision in Zukunft wie Portfolios aufgebaut, die Lernergebnisse und Kompetenzen auf unterschiedlichen Niveaus darstellen“, so Wittke. Dazu brauche es kompetenzorientierte Modulbeschreibungen, die in Modulhandbüchern zusammengefasst werden. Diese Daten würden den Rahmen analoger Zeugnisse sprengen und zukünftig für Anrechnungs- oder Anerkennungsverfahren, für Empfehlungssysteme oder einfach für Bewerbungen benötigt, um das passende kompetenzbasierte Stellenprofil zu erfüllen. „Das Projekt hat gezeigt, dass digitale Hochschulzeugnisse machbar sind – doch es liegt noch viel Arbeit vor uns“, sagt Wittke. Zudem sei es entscheidend, dass mehr Hochschulen und Institutionen diese Technologien adaptieren und nutzen, um den vollen Mehrwert der Digitalisierung auszuschöpfen.

Projektförderung und Partner

Das „Pilotprojekt zur Digitalisierung von Hochschulzeugnissen als schleswig-holsteinische Landeslösung” wurde vom Land Schleswig-Holstein durch das Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur (MBWFK) im Rahmen des Digitalisierungsprogrammes II aus Corona-Nothilfe-Mitteln gefördert. Projektpartner sind das Institut für Interaktive Systeme (ISy) der TH Lübeck und die Hochschul-Informations-System eG (HIS eG). Im Projektzeitraum vom 01.10.2022 bis 31.07.2024 wurde das Ziel verfolgt, ein Minimum Viable Product (MVP) OZG-konforme digitale Hochschulzeugnisse zu erstellen, das erstmalig den vollständigen Weg der Erzeugung digitaler Hochschulzeugnisse bis zu deren Verwendung aufzeigen sollte.

Kontakt für Fragen

Andreas Wittke
Dipl.-Ing. (FH)
Andreas Wittke


Telefon:+49 451 160818 36
Fax:+49 451 160818 99
E-Mail:andreas.wittke@th-luebeck.de
Raum:MFC VII-1.20