Herrenteich Reinfeld: Forschen für ein gesundes Ökosystem

Was ist ein Traumjob? Für Carsten Marquardt ist es eine sinnvolle Tätigkeit, die bezahlt wird, bei der man stets dazulernt und die und auch noch Spaß macht.

Forschende am Ufer und auf einem Schlauchboot analysieren die Wasserqualität und die Sedimente im Reinfelder Herrenteich

Projektmitarbeiterin Ivonne Stresius (HAW-Hamburg) und Carsten Marquardt (TH Lübeck) analysieren die Wasserqualität und die Sedimente im Reinfelder Herrenteich. Foto: TH-Lübeck

Eine morderne Messstation steht am Ufer des Reinfelder Herrenteich

An der Messstation werden Proben entnommen und verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Foto: TH Lübeck

Blick vom Ufer durch den Schilfgürtel auf ein Schlauchboot in der Mitte des Herrenteiches

Der Schilfgürtel ist das größte ökologische Kapital des Herrenteiches und bietet vielen Tier- und Pflanzenarten Schutz und Nahrung. Foto: TH Lübeck

Diesen Job hat er gefunden: Als Mitarbeiter am Labor für Siedlungswasserwirtschaft der TH Lübeck untersucht der Forschungsingenieur im Rahmen des Verbundprojektes VerTe - Verbesserung der Ökosystemleistung in den Reinfelder Teichen verschiedene Parameter dieser fünf idyllischen Gewässer zwischen Lübeck und Hamburg.

Naturparadies droht zu verschlammen

Der Herrenteich ist mit 37 Hektar der größte von insgesamt fünf Süßwasserteichen in Reinfeld, er bietet mit seinem vielfältigen Uferbewuchs vielen Tierarten ein Zuhause. Was heute so natürlich aussieht, täuscht: Er ist künstlich geschaffen und wurde bereits im 12. Jahrhundert von Zisterzienser-Mönchen für die Karpfenzucht angelegt. Rund um den See gibt es einen Naturerlebnispfad, eine Badestelle lädt zum Verweilen ein.

Die Verschlammung und die Schadstoffbelastung der Teiche haben in den letzten Jahren besorgniserregend zugenommen. Ziel des Projektes ist die genaue Analyse des Ist-Zustandes. „Meine Forschungsergebnisse tragen dazu bei, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden und die Vielfalt dieses Biotopes erhalten bleibt“, sagt Marquardt. Der Obere Herrenteich ist seit 1999 wegen seiner ausgedehnten Verlandungszonen als Naturschutzgebiet ausgewiesen, der Untere Herrenteich ist Landschaftsschutzgebiet und von Wanderwegen durchzogen.

HAW-Hamburg untersucht Sedimente auf Schadstoffe

Ivonne Stresius ist Projektmitarbeiterin der HAW Hamburg. Die ehemalige Reinfelderin hat bereits vor Jahren nach dem Studium des Umweltingenieurwesen an der TH Lübeck (damals FH Lübeck) über die Reinfelder Teichwirtschaft geforscht. „Es geht um mehr als um Blaualgen, es geht um das biologische Gleichgewicht“, sagt sie. Zu viel von einem Stoff, zu wenig von einem anderen… „alles zusammen ergibt ein Ganzes.“ Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Untersuchung der Sedimente auf Schadstoffe in den Teichen und deren toxikologische Wirkung auf Flora und Fauna.

Carsten Marquard hat den Zustand des Wassers im Blick. Er befährt regelmäßig mit dem Schlauchboot begleitet von einem elektrischen ADCP-Messboot zur Erfassung von Durchflussmengen und Fließgeschwindigkeit die Seen, entnimmt Proben für spätere Analysen, misst die Menge an gelöstem Sauerstoff und die Dichte der Partikel im Wasser. Die Ergebnisse werden zusammen mit einem Team von Kolleg*innen in den Räumen der Versuchs- und Ausbildungskläranlage Reinfeld aufbereitet und ausgewertet. „Wir lernen hier täglich dazu“, sagt er.

Zu viele Blaualgen führen zu Badeverboten und belasten das Ökosystem

Neben der Einleitung von nicht ausgefilterten Schadstoffen ist es vor allem die Düngung der Landwirtschaft, die zunehmend Probleme bereitet. „Letztendlich landet das alles im Herrenteich“, resümiert Ivonne Stresius, „erst im Wasser, dann im Sediment.“ Besonders die Blaualgen vermehren sich, denn sie können den Stickstoff aus der Luft verarbeiten. Dabei verbrauchen sie viel Sauerstoff und bilden giftige Toxine. Ab einer kritischen Konzentration wird ein Badeverbot ausgesprochen. Für den Menschen ärgerlich, für das Ökosystem Teich aber ist die Blaualgenblüte oft der Beginn einer Abwärtsspirale. Denn nach der Blüte sterben die Blaualgen ab, sinken zu Boden und werden dort abgebaut – noch mehr Sauerstoff wird verbraucht, die Teiche verschlammen.

Erste Ergebnisse liegen vor – und zeigen einen deutlichen Handlungsbedarf. „Wir haben Verschmutzungen im Sediment, unter anderem Phosphor, Schwermetalle, Kohlenwasserstoffe und auch noch Reste von DDT“, so Stresius. Überrascht ist sie davon nicht: 70 Prozent der Fläche entlang der Heilsau wird landwirtschaftlich genutzt. Sechs kommunale Kläranlagen leiten ihre behandelten Abwässer in diesen Zufluss des Herrenteiches ein, hinzu kommen fast 100 Hauskläranlagen und Regenwassereinleitungen. „Die meisten Gewässer in Schleswig-Holstein sind wahrscheinlich ähnlich belastet.“

Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes dienen damit auch anderen Gewässern als Vorlage. Daher hofft das Projektteam nach dem Ende des Projektes 2025 auch auf eine Verlängerung. „In der Ökologie müssen wir langfristig denken.“

Hintergrund

Das Projekt VerTe – Verbesserung der Ökosystemleistungen in den Reinfelder Teichen ist ein Kooperationsprojekt der HAW Hamburg und der TH Lübeck unter der Leitung der Stadt Reinfeld. Mit einem umfassenden chemisch-physikalischen sowie biologischen Monitoring soll die Renaturierung der Teiche in Reinfeld in Schleswig-Holstein mit ihren Lebensgemeinschaften zunächst erfasst und die Einträge und Wege der Nährstoff- und Schadstoffeinleitung in die Teiche identifiziert werden.

Nach der Analyse werden voraussichtlich ab 2025 in Zusammenarbeit mit Fischzüchter, Landwirten, Behörden und interessierten Bürgern vor Ort konkrete Maßnahmen diskutiert. Das Bundesumweltministerium (BMUV) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) unterstützen das Projekt mit rund 1,65 Millionen Euro.

Weitere Informationen