Auto zum Ausruhen für Alle – Studierende aus Lübeck gewinnen Wettbewerb

Ein Sitzmöbel in der Form eines Autos – mit dieser Idee haben vier Studierende der TH Lübeck die Jury der Bundesstiftung Baukultur überzeugt. Sie werden ihre Idee über die kreative Nutzung von Parkplätzen beim Konvent der Baukultur 2024 in Potsdam präsentieren.

Studierende sitzen in einem autoähnlichem Gestell

Im Bauforum wurden vorab viele verschiedene Ideen getestet. Stimmen Dimensionen, Formen, Ausprägungen und Materialien? Wie ist die Wirkung im Raum? Foto: TH Lübeck

Autoähnliches Gestell mit Liegenetzen bespannt

Ausschnitt aus dem Entwurf „Komford Siesta – das Auto zum Liegenbleiben“ von Emma Behnke und Nele Baumscheiper (Studiengang Architektur Master) sowie Marieke Petersen und Helene Brüns (Studiengang Stadtplanung Master). Grafik: Behnke/Baumscheiper/Petersen/Brüns.

„Komford Siesta – Das Auto zum Liegenbleiben“: Mit dieser Idee gewannen Emma Behnke und Nele Baumscheiper (Studiengang Architektur Master) sowie Marieke Petersen und Helene Brüns (Studiengang Stadtplanung Master) beim Realisierungswettbewerb im Rahmen des Moduls „Sonderthemen der Stadtbaukultur“. Unter dem Motto „Wir machen Platz für Eure Ideen“ hatte die Bundesstiftung Baukultur vor allem junge Menschen aufgerufen, sich mit kreativen Ideen zur Aktivierung, Bespielung, Um- oder Andersnutzung von Parkplatzflächen zu bewerben. Die Ideen aus ganz Deutschland sprudelten: 365 Menschen aus 40 Einrichtungen erdachten 108 Projekteinreichungen. Als eines von zehn Projekten wird es nun am 18. Juni 2024 in Kooperation mit der Tischlerei Nils Röde (Flensburg) aufgebaut und beim Konvent der Baukultur am 19. und 20. Juni 2024 im Kulturquartier Schiffsbaugasse in Potsdam der Öffentlichkeit gezeigt werden. Begleitet werden sie von Dr. Kendra Busche, Professorin für Freiraumplanung im städtebaulichen Kontext am Fachbereich Bauwesen.

Die völlige Entschleunigung von 100 auf 0 in drei Sekunden

Die Intervention „Komford Siesta – das Auto zum Liegenbleiben“ der vier Lübeckerinnen schafft einen öffentlichen Erholungsraum in Form eines Autos. Unterschiedliche Liegeflächen können gleichzeitig von verschiedenen Gruppen genutzt werden. Es ist je nach Blickwinkel gleichzeitig Sitzmöglichkeit und Autoreklame. Das öffentliche Großmöbel bedient sich satirisch der Marketingstrategien der Autowerbung: Die völlige Entschleunigung von 100 auf 0 in drei Sekunden, wird gelockt. Drei Liegeflächen aus Netzen sorgen für die maximale Entspannung. Der Siesta beeindruckt mit minimalistischem Design. Schneller, höher, weiter als maximale Lebensmaxime war gestern – die Stadt von morgen benötigt Ideen, wie Räume entschleunigend und erholsam wirken können. Und zwar theoretisch und auch ganz praktisch. Öffentliche Räume sind relevante Begegnungs- und Erholungsräume für die Allgemeinheit. Die Flächen sind zu wertvoll, um sie monofunktional - und erst Recht nur für den meist ruhenden Autoverkehr – zu nutzen. Ist es nicht verrückt, dass man an vielen Orten seine private Blechkiste einfach auf öffentlichen Grund abstellen darf, man aber für eine Guerilla-Aktion, die dem Gemeinwohl dient, in Konflikt geraten kann?, sagt Kendra Busche. Durchschnittlich steht ein Auto 95 Prozent eines Tages im öffentlichen Raum. Die Studierenden haben im Seminar unterschiedliche „urbane Hackings“ in Lübeck vollzogen, die diesen Fakt thematisieren.

Öffentliche Räume für die Allgemeinheit nutzen

Die Ergebnisse dieses Wettbewerbes im öffentlichen Raum sollen „aufmerksam machen, Neugierde erzeugen, einen Beitrag zu aktuellen Debatten leisten und das Publikum erreichen“, hieß es in der Ausschreibung. Wir freuen uns auf vielfältige, kreative, freudvolle, unkonventionelle, experimentelle, kritisch-konstruktive, spielerische Projekte und Denkanstöße. Eine Aufgabe, so ganz nach dem Geschmack von Kendra Busche. Freiraumplanung umfasst nicht nur die Gestaltung von (Stadt-)Landschaften und Lebensräumen. Sie kann auch als ermächtigendes Instrument eingesetzt werden, welches Debatten um das Recht auf Stadt anstößt und der Zivilgesellschaft Mitsprachemöglichkeiten in der Stadtentwicklung einräumt.

Hintergrund

Am 19. und 20. Juni 2024 lädt die Bundesstiftung Baukultur zum Konvent der Baukultur in die Schiffbauergasse in Potsdam ein. Die Versammlung ist öffentlich und bietet die Möglichkeit, sich mit Bauschaffenden und Baukulturvermittelnden aus ganz Deutschland auszutauschen. Die Ausstellung befindet sich auf dem mit Kopfstein gepflasterten Schirrhof im Kunst- und Kulturquartier Schiffbauergasse. Der Schirrhof ist Bindeglied zwischen den anliegenden Veranstaltungsorten und zentrale Begegnungszone für die rund 600 Teilnehmenden.

Weitere Informationen

Den Entwurf der TH Lübeck Studierenden auf der Seite der Bundesstiftung finden Sie hier.