Alle warten gespannt auf die Ringe. Wenn sie erscheinen ist klar: Das Interferometer, gebaut aus Kleinteilen von Lego-Technik, misst nun die Unterschiede in der Ausdehnung eines Metallteiles im Bereich von weniger als 1 µm. Gebaut haben es Studierende aus verschiedenen Studiengängen im Rahmen der Projektwoche der Technischen Hochschule Lübeck - in nur zwei Stunden. Die Bauanleitung stamme aus einer Doktorarbeit, Kursleiter Prof. Dr. Kai Seger aus dem Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften wollte „ausprobieren, ob Lernen so auch im Laufe eines Vormittages mit Studierenden funktioniert.“
Ausprobieren und dabei lernen
Ausprobieren und dabei lernen: Das ist die Zauberformel für die Studierenden, die anders lernen und in dieser Woche voll auf ihre Kosten kommen. Neun Studierende finden im Labor Platz, die meisten sind Lego-Technik-Fans. Prof. Seger greift nur selten ein. „Die Spiegel kommen hinter den Nupsi da“, sagt er. Oder: „Vielleicht mal ausprobieren, wie es mit dem anderen Gummiband funktioniert“. Die Gebrauchsanweisung liegt nur zur Sicherheit bereit, benötigt wird sie an diesem Vormittag nur selten. „Ich lese nicht gern, lerne mehr durch Schreiben und besonders gut durch Selbermachen“, berichtet die 25-jährige Anna Schellhase, während sie souverän zusammen mit ihrer Kommilitonin Madlen Werner (22) den Laser einstellt. Die beiden studieren Hörakustik, haben in der Projektwoche mehrere Veranstaltungen besucht: Zeichenkurse, 3-Druck, Tontechnik.
Die Qual der Wahl
Das Angebot in der Projektwoche ist breitgefächert: von Exkursionen zum Fraunhofer Institut für Silizium Technologie und zu Vishay Siliconix (Chip-Hersteller), über einen Besuch bei den ehemaligen TH Lübeck Studenten Julian Meier und Rico Niemeier in der Firma MOCOM, einer Exkursion zum HANSA-PARK und zur Medizintechnikmesse MEDICA bis hin zu einem Wettbewerb für kreative Tortendekoration. Die Studierenden konnten aus über 50 Angeboten auswählen, die teilweise schnell ausgebucht waren.
Plätze nach zwei Minuten belegt
Es könnten gern noch mehr Plätze sein: „Dieses Mitmach-Projekt - Ein Interferometer aus Lego-Technik bauen – war bereits zwei Minuten, nachdem es freigeschaltet war, belegt“, erzählt Thies Ketzenberg, Studierender der Biomedizintechnik. Er war in der Projektwoche unter anderem auf einer Exkursion in die Elbphilharmonie und hat dort viel über die Physik des Raumes gelernt. „Der große Saal ist komplett auf 362 Federpakete gelagert, quasi wie bei einer Federkernmatratze“, berichtet der 22-Jährige, während er das breadboard (nein, nicht das Brotbrett, die Steckplatine) aus Legosteinen zusammenbaut. „Es wäre toll, wenn es häufiger praktische Angebote im Studienalltag gäbe.“ Alle anwesenden Studierenden nicken. „Man lernt so mehr aus eigenen Fehlern und weniger aus Korrekturen seines Gegenübers.“
Die Projektwoche wird nicht von allen Studierenden besucht, aber die, die kommen, sind anders motiviert. So sitzen auch am Freitagmorgen noch neun motivierte Studierende im Centrum Industrielle Biotechnologie der TH Lübeck und wollen testen, wie hoch der Coffeingehalt in ihren selbst gebrühten Getränken ist. Dr. Danilo Springstubbe führt sie in die Welt des CIBs ein und nach einer Sicherheitseinweisung geht es ins Labor. Kittel an, Brille aufgesetzt und nach der Verdünnung der Proben finden die Studierenden mithilfe der Chromatographie heraus, wie viel Coffein in ihrem mitgebrachten Kaffee, Tee oder auch Erfrischungsgetränk steckt.
Es geht praktisch weiter
Prof. Kai Seger ist mit der Resonanz zufrieden. „Der größte Interferometer LIGO steht in den USA, es misst Gravitationswellen“, sagt er. „Es funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie unser heute zusammengebautes Lego-Interferometer.“ Unabhängig davon, ob die gemeinsame Projektwoche mit dem Fachbereich MW wiederholt wird: Diese praktische Anwendung wird er auf jeden Fall in das Praktikum Optik integrieren. Auch Sung-Won Choi, Professor für Konstruktion mit CAD aus dem Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft ist zufrieden: „Wir haben uns im Organisationsteam sehr über die überragende Beteiligung der Lehrenden als auch der Studierenden gefreut!“