Wenn die Rede von gewerblichen oder industriellen Bauvorhaben ist, dann fallen fast immer Attribute wie zweckmäßig oder funktional – quadratisch, praktisch, gut. Im gewerblichen Bereich sind die Beschreibungen meistens mit einem negativen Image behaftet, das Augenmerk auf gestalterische Möglichkeiten bleibt nur zu oft auf der Strecke.
Die Kaufmannschaft zu Lübeck hat daher schon frühzeitig begonnen, diesem Trend entgegenzusteuern und bereits vor 24 Jahren den Architekturpreis für vorbildliche Gewerbebauten ins Leben gerufen. Eine Jury aus erfahrenen Fachleuten ermittelte nun die Sieger des Jahres 2022 unter Berücksichtigung von Aspekten wie Gestaltung und Funktionalität sowie Nutzen für die Stadt.
Für einen gelungenen Bestandsbau und für einen vorbildlichen Neubau wurden nun das City Parkhaus Hüxstraße und ein Bürogebäude in Kastorf ausgezeichnet. Jury-Vorsitzender Prof. Heiner Lippe über die Arbeit von Architekt Matthias Homann und Bauherr Carsten Löntz am City Parkhaus Hüxstraße: „Das Gebäude - die Anfänge der heutigen Situation stammen aus 1968 – ist ein Stahlskelettbau, der Parkhaus, Tankstelle und Waschanlage beherbergte, sowie Ladenflächen im Erd- und Untergeschoss. Einen markanten Einschnitt erfolgte 1984 mit dem Wegfall von Tankstelle und Waschanlage. Mehrere Umnutzungen in den Folgejahren zeugen von der Wandelbarkeit der ursprünglichen Architektur, wie jedoch auch dem Einsatz der jeweiligen Besitzer, den Bestand zu schätzen. In Nachhaltigkeitsaspekten ausgedrückt wurde hier in hervorragender Weise die bereits vorhandene „graue Energie“, also die Energie, die bereits durch die vorhandenen Baumaterialien vor Jahren eingebracht wurde, bewahrt und somit zusätzliche Co2-Emmissionen vermieden.“
Aber auch andere Aspekte seien diesbezüglich hervorzuheben. Ein neu eingebautes, schlichtes und energieeffizientes Parklenksystem vermeide das unnötige Kreisen zur Suche eines freien Stellplatzes – Schadstoff- und Schallemissionen werden reduziert. „Auch in Bezug auf neu einzubauende Materialien und Systeme wurde sehr auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit geachtet. Eine Photovoltaikfläche auf dem Dach reduziert fossile Ressourcennutzung sowie Treibhausgasemissionen, symbolisiert und finalisiert diese Ansätze“, ergänzt Heiner Lippe.
Der zweite Preis geht an Bauherr Claus Rodenberg Architekt Uwe Ellinghaus, die einen eigenständigen Erweiterungsbau zum Ursprungsgebäude des Firmensitzes der Firmengruppe Claus Rodenberg in Kastorf bauten. „Kein Detail bleibt dem Zufall oder der Beliebigkeit überlassen, alles ist materialrespektierend bis ins Kleinste durchdacht. Man merkt den Bauteilen, Wänden, Decken, Türen, den Räumen die Freunde an der Gestaltung an. Diese positive Ausstrahlung hat ebensolche Auswirkungen auf die Arbeitsatmosphäre. Das Projekt birgt eine Vielzahl nachhaltiger, technischer Lösungen, wie sie längst noch nicht überall Einzug gefunden haben. Dies betrifft sowohl die Gebäudetechnik an sich, wie zum Beispiel auch das Vorhalten von E-Ladestationen und den entsprechenden Fahrzeugen für betriebsbedingte Kurzstreckenfahrten.“