Einem von uns macht keiner was vor

Ole Siburg hat Abitur und ist Auszubildender in der Metallwerkstatt an der Technischen Hochschule Lübeck. Er ist einer von Wenigen, die sich für eine berufliche Lehre entschieden haben.

Unter den Augen von Meister Stefan Bollmann (links) erklärt Azubi Ole Siburg der TH-Kanzlerin Yvonne Plaul worauf es beim Feilen ankommt. Foto: TH Lübeck

Unter den Augen von Meister Stefan Bollmann (links) erklärt Azubi Ole Siburg der TH-Kanzlerin Yvonne Plaul worauf es beim Feilen ankommt. Foto: TH Lübeck

Schon als Schüler war er einmal an der TH und hat sich in der Elektrotechnik im Studiengang Informationstechnologie und Design umgesehen. Dass Ole seit August 2019 eine handwerkliche Ausbildung zum Industriemechaniker macht, ist eine ganz bewusste Entscheidung. „Ich weiß noch nicht genau, ob ich ein Studium anschließe. Auf jeden Fall soll es erst einmal ins Handwerk gehen“ sagt Ole zu seiner neuen Lehrstelle. Ein Studium wäre nach der Lehre gut möglich. Denn mit seiner Vorbildung wäre er bei guten Leistungen bereits nach zwei Jahren fertig, zumal er kein Praktikum mehr benötigt und mit dem Schulabschluss ‚Abitur‘ die Berufsschule ebenfalls verkürzt wird.

„Je nach Motivation, Geschick und Engagement landen einige nach der Lehre im Studium oder auch in einer Schlosserei. Die Breite der Ausbildung lässt alles zu und ist auch für alles geeignet“ führt Meister und Werkstattleiter Jens Endruschat an.

Für Ole und für einige Wenige ist die Information sicher nicht neu, dass die Technische Hochschule Lübeck neben der akademischen Lehre auch berufsbezogene Lehre und Ausbildung anbietet. Meister Endruschat erinnert sich: „Früher hatten wir ca. 30 Bewerbungen auf eine Lehrstelle. In diesem Jahr waren es gerade mal sechs Bewerbungen auf zwei Lehrstellen zum „Industriemechaniker“. Und davon konnten wir mit Ole Siburg leider nur die eine Stelle besetzen. Alle anderen haben abgesagt. So hat auch die TH Lübeck mit einer stark rückläufigen Nachfrage nach Ausbildungsplätzen und einem Nachwuchsmangel zu kämpfen.“

Die Hochschule ist nicht nur wissenschaftliche Ausbildungsstätte, sondern auch ein Betrieb für berufliche Ausbildung. Die Verwaltungsleiterin der TH Lübeck, Kanzlerin Yvonne Plaul, ließ es sich nicht nehmen, Azubi Ole Siburg persönlich zu begrüßen. Denn die Technische Hochschule spürt den Fachkräftemangel wie andere Einrichtungen auch. „Es ist für Außenstehende leider nicht sichtbar, dass wir auch in Handwerksberufen ausbilden. In diesem Jahr hat die TH Lübeck gerade mal zwei neue Azubis. Neben Ole Siburg in der Metallwerkstatt hat noch eine Laborantin in der Chemie eine Lehre begonnen. Aber ab dem nächsten Jahr wollen wir zudem auch in der Verwaltung Lehrstellen zum Kaufmann/ zur Kauffrau Bürokommunikation anbieten oder auch in der IT und so unseren eigenen Nachwuchs ausbilden. Es stellt sich die Frage, wie werden die Leute auf uns aufmerksam. Denn besonders vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, ist es äußerst wichtig deutlich zu machen, dass wir hochwertig ausbilden“ sagt Kanzlerin Plaul.

Für Ole Siburg ist die Entscheidung längst gefallen und kommt gut an mit seiner Einstellung zur Ausbildung. Kurz nach dem Beginn seiner Lehre durfte er bereits einfache und leichtere Arbeiten ausführen und hat diese zur vollsten Zufriedenheit seiner Ausbilder erledigt. „Besser geht immer, aber Ole hat seine Sache schon ganz gut gemacht und gezeigt, dass er handwerklich etwas kann“, sagen seine Lehrmeister Endruschat und Stefan Bollmann.

„Gleich zu Beginn der Ausbildung hier in der Metallwerkstatt durfte ich meine handwerklichen Fähigkeiten unter Beweis stellen und beim JuniorCampus bei den Mitmach-Phänomenen aushelfen. Nach meinen Vorstellungen ist hier an der TH soweit alles da, um den Beruf auch von der Pike an erlernen zu können. Ich bekomme die grundlegenden Fertigkeiten vermittelt, die es für eine gute und solide Ausbildung braucht. Soweit ich sehe, wird hier an der TH darauf geachtet, dass man wirklich etwas lernt und alles das macht, was zu einer Allroundausbildung gehört, wie bspw. feilen, sägen oder schleifen. Es ist vermutlich anders als die Ausbildung in großen Produktionsunternehmen“, sagt Ole über seine ersten Wochen als Azubi. Seine Meister ergänzen: „Natürlich setzen wir unsere Azubis auch in der Produktion ein. D.h., für alles was im Lehrbetrieb angefordert und benötigt wird fertigen sie Teile oder stellen komplette Werkstücke her.“ So feilen, drehen und schleifen die Azubis an einzelnen Werkstücken, die anschließend auch in die Laboratorien wandern und für spezielle Projekte benötigt werden. „In der Ausbildung sind wir super aufgestellt. Unsere fertigen „Gesellen“ können überall hingehen, ob in Unternehmen oder in den Öffentlichen Bereich, sie sind gefragt. Gefragt auch deshalb, weil es an der TH Lübeck eine grundlegende Ausbildung ist. Die Azubis müssen schweißen, drehen oder feilen, sie durchlaufen einfach alles in der Ausbildung. Dafür können sie aber auch eine Menge und deshalb haben wir eine gute Reputation. Einem von uns macht keiner was vor!“, sagen die Ausbilder Endruschat und Bollmann nicht ganz ohne Stolz.