„Wir sind hier in Lübeck gut dabei, und ich bin ein Teil davon“
Promotion am Fachbereich Elektrotechnik und Informatik
Viel Arbeit und viel Spaß! Promovieren bedeutet, dass man eigentlich nie in der Komfortzone ist, viel Spaß in der Lernzone hat, aber ab und zu in die Überforderungszone vorstößt.
Sebastian Hauschild
So stelle ich mir die Zukunft vor: Ein Arzt auf dem Land zückt sein Smartphone, untersucht das Auge des Patienten, die Daten werden sicher verarbeitet, ein selbstlernender Algorithmus wertet aus – und zack! Kommt ein verlässliches Ergebnis. Dahinter steckt irrsinnig viel Forschung, und einen kleinen Teil davon decke ich mit meiner Doktorarbeit an der Technischen Hochschule Lübeck ab. Ich untersuche im Team von Prof. Horst Hellbrück an der Technischen Hochschule Lübeck die Implementierung von KI in verteilten Systemen mit beschränkten technischen Ressourcen. Ich arbeite also genau an der technischen Grenze: was ist heute sicher möglich? Und was könnte in Zukunft möglich sein?
Von der Hauptschule an die Hochschule
Ich bin auf dem zweiten Bildungsweg an die Technische Hochschule gekommen, das war ein langer Weg. Nach dem Hauptschulabschluss habe ich erst den Realschulabschluss und dann eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik gemacht. Die Arbeit auf dem Bau war lehrreich, ich möchte die Zeit nicht missen. Aber ich wollte mehr über Elektrotechnik wissen. Also machte ich Fachhochschulreife und begann dann mit dem Studium „Elektronische Kommunikationssysteme“ an der Technischen Hochschule Lübeck (damals FH Lübeck). Ich habe mich besonders für die Erfassung und Verarbeitung von Biosignalen interessiert.
Forschung: Viel Arbeit, viel Spaß
Ich verfolge gern Dinge weiter, auch wenn ich noch nicht genau weiß, ob es am Ende auch Gewinn bringt. Im Masterstudium „Angewandte Informationstechnologie“ bin ich dann in ein Forschungsprojekt im Labor für Medizinische Elektronik mit reingerutscht: Es gab ein Problem, es gab keine fertige Lösung, ich durfte viel ausprobieren. Viel Arbeit und viel Spaß! Ich forschte als wissenschaftliche Hilfskraft an der Entwicklung eines Messsystems zur Biosignalerfassung zur Interaktion mit Unterarm-Prothesen. Das ist anwendungsorientierte Forschung, wie sie typisch für die TH Lübeck ist! Ich habe sehr viel gelernt damals, zum Beispiel: Es geht nicht nur um Ergebnisse, sondern auch um ordentliche Berichte mit klaren Quellenangaben.
Promotion in einem Team von Ingenieuren, Medizinern und Technikern
Nach dem Master wolle ich unbedingt weiterforschen! Ich bekam eine Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei CoSA – das war genau mein Ding! In diesem Kompetenzzentrum werden Kommunikationssysteme, verteilte Systeme und deren Anwendungen erforscht. Wir sind dort 25 Mitarbeiter*innen, das ist für mich die ideale Größe: Es ist groß genug für Austausch, aber noch nicht so groß, dass man da drin anonymisiert ist. Meine Forschung für die Promotion begann im Verbundprojekt PASBADIA. In einem kleinen Team von Ingenieuren, Naturwissenschaftlern, Technikern und Medizinern entwickeln wir Smartphone gestützte patientennahe Diagnoseverfahren mit lokaler und dezentraler KI - z.B. bei der Augenuntersuchung. Vielen Akteure sind an dem Projekt beteiligt; Da auf dem Campus Lübeck aber alle Einrichtungen räumlich eng zusammenliegen, ist der Austausch leicht. Die Daten werden im Labor für Medizinische Optik an der TH Lübeck erhoben, die KI und die Analyse zum Bedarf des Systems in der Hausarztpraxis wird an der Universität zu Lübeck bearbeitet, wir bei CoSA sorgen für die Vernetzung. Ziel des Teilvorhabens von CoSA ist die Erfassung, Speicherung und Verarbeitung der Daten, die Datensicherheit und die Datenverteilung. Ich sitze viel am Rechner und programmiere, mache aber auch selbst Versuche mit Sensorsystemen.
Wer promoviert, ist selten in der Komfortzone
Wer Forschung betreibt, bewegt sich immer ein wenig außerhalb seiner Fähigkeiten. Promovieren bedeutet, dass man eigentlich nie in der Komfortzone ist, viel Spaß in der Lernzone hat, aber ab und zu in die Überforderungszone vorstößt. Da muss man dann durch. Mich moviert dann besonders der Besuch von Konferenzen und Tagungen. Oft frage ich mich, ob das überhaupt relevant ist, was ich hier tue. Auf Veranstaltungen tausche ich mich dann mit anderen Wissenschaftler*innen aus, die ähnliche Dinge tun wie ich. Das ist immer ein schönes Erlebnis. Allerdings muss vorher eine Veröffentlichung geschrieben werden - dies ist meine persönliche Überforderungszone. Ich forsche gern, bin aber nicht so der Schreiberling. Doch Veröffentlichungen sind wichtig, um Dinge, die man gemacht hat, zum Abschluss zu bringen. Das erfüllt mich mit Stolz: Wir sind hier in Lübeck gut dabei, und ich bin ein Teil davon.
Sebastian Hauschild
Promotion an der TH Lübeck im Fachbereich Elektrotechnik und Informatik zum Thema Implementierung von KI in verteilten Systemen mit beschränkten technischen Ressourcen.